V Anderes Schreiben / Schreiben als epistemische Praxis
22. - 24. November 2019
© Sophia Wagener
Im Zentrum des abschließenden Netzwerktreffens vom 22. bis 24. November 2019 standen neue epistemische Schreibpraktiken. Einerseits haben sich die Netzwerkmitglieder der konzeptuellen Ausarbeitung der geplanten Publikationen gewidmet. Andererseits fand eine erste Annäherung an eine Praxis „anderen Schreibens“ statt, die sowohl eine wissenschaftskritische als auch epistemische Funktion erfüllt. Im Rahmen des Treffens widmete sich das Netzwerk der Frage, wie die eigene Schreibpraxis, d.h. insbesondere das gängige Wissenschaftsformat akademischen Schreibens, kritisiert und transformiert werden kann.
Im Rahmen der Beschäftigung mit einer anderen Praxis des Schreibens wurde in erster Linie die Frage gestellt, mit welcher Begründung weiterhin am Begriff des „Wissens“ festgehalten werden kann. Wenn weder der lineare Charakter von Erkenntnisprozessen noch ein zu erkennendes „Objekt“ vorausgesetzt werden können, handelt das „andere Schreiben“ nicht bloß von einer positiven Abbildung von Wissensbeständen. Wissenspraxis schreibt sich stattdessen auf eine ästhetische, undisziplinierte und polyphone Weise, sodass sie möglicherweise im selben Zuge das Bild eines „Anderen Wissens“ selbst als phantasmatisch ausweist. In der gemeinsamen Diskussion zeichnete sich eine Bewegung weg von einem subjektphilosophischen, anthropozentrischen hin zu einem situierten Wissensbegriff an den Grenzen der zeitgenössischen hegemonialen Wissensformen ab. Dennoch am Wissensbegriff festzuhalten erscheint sinnvoll, um das exakte, wissenschaftliche Arbeiten sowie seine politische Dimension zu affirmieren und unter – nicht nur begrifflich operierenden – Stichworten wie Affekt, Differenz und Fabulation, eine Art „Feld“ des anderen Wissens zu eröffnen.
Neben einer Problematisierung des dem Konzept eines „Anderen Wissens“ innewohnenden Wissensbegriffs hat das Netzwerk die Frage nach der Form der gemeinsamen Abschlusspublikationen ausgehend von der Annahme, dass ein poetischer Umgang mit Sprache „andere“ Erkenntniswege eröffnet, in einer Schreibwerkstatt mit der Literaturwissenschaftlerin und Künstlerin Swantje Lichtenstein vertieft. Gemeinsam und in Einzelarbeit wurde mit verschiedenen Methoden – improvisiertes und perspektivisches Schreiben, Textverfremdung u.a. – experimentiert, der Versuch unternommen, mit tradierten geisteswissenschaftlichen Methoden zu brechen, und durch die eigene kreative Praxis das Kunst-Werden der Theorie nachvollzogen sowie aktualisiert.